Es war eine “historische Sitzung”, so Oberbürgermeister Jung, die am vergangenen Montag im Sitzungssaal des Barmer Rathauses stattfand. In der Tat war es eine wichtige Sitzung, das 11.Haushaltssicherungspaket wurde beschlossen, welches die Sparbemühungen der Stadt aus der “Vergeblichkeitsfalle” (Stv.Reese, SPD) befreien soll. Es war auch die Sitzung, in der die Bürgerbeteiligung aus dem
Internetforum in den Rat eingebracht wurde. Gemäß der Beschlussqualität “Entgegennahme ohne Beschluss” wurde die
Vorlage (VO/0298/12) regungslos zur Kenntnis genommen.
Als einziger Redner der Haushaltsreden vor Eintritt in die Abnickorgie der Tagesordnung verwies Peter Vorsteher von den Grünen auf die äußerst lasche Vorlage, die keine Beschreibung der Vorschläge der Bürger lieferte, die keine Vorschläge der Verwaltung zum Umgang damit enthielt und die keine Beschlussqualität hatte. Vorsteher erkannte zu Recht eine “Missachtung des Engagement der Bürger”. Ironischerweise haben die Grünen ihre vage
Einladung zur Teilnahme am Arbeitskreis Bergisch Energisch nie konkretisiert, was auch nicht gerade für einen guten Umgang mit bürgerlichem Engagement spricht. In der Sache hatte er natürlich Recht. Die Vorlage besteht lediglich aus einer Beschreibung des Vorgangs und eine statistische Erfassung der meistgeklickten Themen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung findet nicht statt. Auch im Forum gab es keine Reaktion der Stadt.
“In seiner Sitzung am 23.05.2011 hat der Rat der Stadt beschlossen, den Bürgerinnen und Bürgern bei den Haushaltsplanberatungen 2012/2013 zusätzliche Beteiligungsmöglichkeiten anzubieten. Am 13.12.2011 hat die Verwaltung im Ausschuss für Finanzen und Beteiligungssteuerung über das Konzept zur Bürgerbeteiligung bei den Haushaltsplanberatungen berichtet und angekündigt, dass eine Diskussionsplattform im Internet eingerichtet wird und eine Auswertung am Ende der Beteiligungsphase erfolgt.
Die Beteiligungsphase im Internet startete am 14.02.2012 und ist seit dem 16.04.2012 beendet.
Den Bürgerinnen und Bürgern wurde die Möglichkeit eröffnet, zu sieben Bereichen Beiträge zu verfassen:
– Kultur
– Umwelt
– Verkehr/Straßen
– Schule und Bildung
– Sport
– Abgaben/Steuern
– Sonstiges.
Insgesamt wurden 46 Themen von den Nutzerinnen und Nutzern formuliert. Zu diesen Themen wiederum wurden insgesamt 136 Antworten verfasst. Die Gesamt-Zugriffszahl auf die Themen des Bürgerforums lag bei 14.105. Gemessen an den Zugriffszahlen erweckten die Oberthemen Kultur (3.235), Abgaben/Steuern (2.310) und Verkehr/Straßen (1.841) bei den Bürgerinnen und Bürgern das meiste Interesse.
Diskutiert wurden insbesondere die Themen:
– Aufgabe des A-Orchester würde 4,75 Millionen Euro sparen (17 Antworten; 1.288 Zugriffe)
– Bezirksvertretungen (16 Antworten; 673 Zugriffe)
– Marode Gebäude günstig abstoßen (13 Antworten; 327 Zugriffe)
– Fahrscheinloser Nahverkehr (11 Antworten; 812 Zugriffe)
– Hundesteuer (11 Antworten; 553 Zugriffe).
Die Verwaltung hat die Diskussion im Internet verfolgt und ausgewertet.
Die Seite des Bürgerforums kann weiterhin aufgerufen werden. Somit sind weiterhin alle Informationen verfügbar.”
Wir stellen also fest, dass Stadt und Rat die Diskussion der Bürger ignoriert haben. Da bleiben Fragen offen:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
mit der am Montag in den Rat eingebrachten Vorlage (VO/0298/12) zum Meinungsforum im Internet hat der Rat die statistische Analyse zur Kenntnis genommen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung fand nicht statt. Da stellt sich mir die Frage, was die Verwaltung sich davon erwartet hat und ob die Erwartung eingetroffen ist. War das Forum für Sie erfolgreich, oder sind Sie über den recht schlechten Zuspruch enttäuscht? Würden Sie diese Form der Bürgerbeteiligung wiederholen wollen und was würden Sie anders machen?
Darüber hinaus wüsste ich gerne, ob und wann noch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen stattfinden wird. Wird es noch eine Stellungnahme der Verwaltung zu den diskutierten Vorschlägen geben, oder funktioniert das Forum wie ein Papierkorb, der unter einem Briefkasten aufgestellt wurde?
Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich Ihre Antwort gerne in meinem Blog (www.tal-journal.net) veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Niko Kirschbaum